Einfach frei

8. uns letzte  Etappe – 24. Mai 2017: BrotTour, von Potsdam zum Kirchentag ca. 36 km

Vom DJH  zum „Alter Markt Potsdam“ – Weiterfahrt auf der Brot-Tour von Brot-für-die-Welt mit ca. 150 Radfahrern und Polizeieskorten durch Brandenburg – hinter der Glienicker Brücke Weiterfahrt mit der Berliner Polizei – ein Stück auf der Autobahn – zum Breitscheidplatz an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche – später zur Raumer Str. / Stadtteil Prenzlauer Berg.

Nach dem Frühstück stellt mich die Frau in meinem Zimmer zur Rede, ob ich etwa nicht dort geschlafen habe. Ich erzähle ihr, dass ich noch essen war. Wir entschuldigen uns gegenseitig für unser Verhalten.

Treffen aller Radfahrer, die sich aus ganz Deutschland auf den Weg der „Brot Tour“ gemacht haben. Organisiert von Sandra Stanger im Auftrag von „Brot für die Welt“, auf dem Alten Markt in Potsdam. Ein sehr imposanter Platz, viele tolle Bauten. Auf dem Weg durch Potsdam ist klar, dass hier Radfahrer gleichberechtigt gesehen werden. Ampeln speziell für Radfahrer. Radwege an jeder Straße. Mir ist kalt, bedeckter Tag, und ich wühle in meinen Sachen, suche für den Helm den Regenschutz, finde ihn und meine verloren geglaubten Handschuhe. Ziehe sie an und lasse ein Foto von mir machen, trotz kaputtem Gesicht, glücklich, da die Handschuhe wieder an Bord sind. Um die 150 Radfahrer treffen nach und nach ein. Mitarbeiter von Brot-für-die-Welt begrüßen die weit angereisten RadfahrerInnen. Viele Reporter sind da. Diese machen  Fotos in der Mehrzahl von den Mitarbeiterinnen von „Brot für die Welt“ (=sehe ich später zu Hause). Polizisten sind schon vor Ort. Sie werden uns nach Berlin eskortieren. Treffe hier auf Werner und Hella, die aus Bramsche kommen – unsere individuellen Wege führten uns nicht zusammen – auf dem Weg nach Berlin gibt es einen Zwischenstopp an einem S-Bahnhof. Prominente Radfahrer schließen sich der Radtour an, wie der Ratsvorsitzende der EKD Herr Bedford-Strom und der Landesbischof von Baden, Herr Cornelius-Bundschuh (= höre ich später). Mein Gesicht lud ja zu Fragen ein, als ein Reisender aus dem Bahnhof heraus trat, fragte er mich was passiert sei. Ich berichtete ihm. Es war ein sehr respektvolles Gespräch. Später komme ich mit den Hamburgern ins Gespräch, die uns gestern im Wald überholt haben. (Auf dem Breitscheidplatz winkte mir Herr Prof. Dr. Jochen Cornelius-Bundschuh, der Landesbischof von Baden in Karlsruhe, von der Bühne aus zu. Auch Prominente sind normale Menschen, wie Du und ich.

Vom S-Bahnhof ging es durch Potsdam zur Glienicker Brücke – dort steht ein Schild, das auf den 9. November 1989 hinweist – Geschichte allerorten, aber in der Gruppe keine Möglichkeit für ein Foto. Über die Brücke fahre ich mit dem Hamburger. Nach der Brücke wechselt die Eskorte. Hier ist Berlin, Foto, und die Berliner Polizei eskortiert uns. Wir fahren ein Stück über die Autobahn. Ein gutes Gefühl mit vielen Gleichgesinnten unterwegs zu sein. Gespräche mit Radreisenden aus Hamburg. Gespräch mit Mitarbeitern von „Brot für die Welt“ während der Fahrt. Einfach prima.

Auf der Einfahrt auf den Breitscheidplatz schneidet mir ein Radfahrer den Weg ab, nochmal ein Sturz. Es helfen mir junge Leute sofort auf die Beine, ramponiert wie ich aussehe. Handgelenk verdreht – oh, tut das weh. Alle Leute gucken entgeistert in mein Gesicht. Viel Mitgefühl. Fahrrad fährt nicht mehr flüssig. Susanne vom ADFC Berlin erkennt es und hilft mir sofort. Hinten schleift es noch, später hilft mir …. Mit seinem Werkzeug repariert er es schnell. Er hatte während der Fahrt ein Video gedreht. Er gibt mir seine Karte. Ich bin heute echt erschöpft. Empfangsveranstaltung auf dem Breitscheidplatz. Danach will ich per google.maps zur Raumer Str. fahren. So ist mein Plan. Unterwegs werde ich von Susanne überholt. Sie fragt mich, ob ich Berlin kenne. Auf meine Verneinung hin, bekomme ich per Rad eine Stadtrundfahrt durch Berlin. Sie bringt mich bis zur Raumer Str. Wir verabschieden uns.

Angekommen bei meiner Cousine, werde ich so willkommen geheißen – es ist wie nach Hause kommen – großartig. Die Erschöpfung lässt mich schlafen, essen, reden, sein. Den Eröffnungsgottesdienst habe ich verpasst. Das Leben – die Natur – gleichgesinnte Menschen – Schutzengel allerorten und das Wissen: ich bin geliebt so wie ich bin. Ich bin dankbar. Ich danke Gott dafür, dass ER es mit mir geschafft hat.

Bekomme später eine WhatsApp von Tommy, wo er auf der anderen Seite des Brandenburger Tores steht „ der Straße des 17. Juni“ im Westen. Mein Foto ist von der Seite „Unter den Linden“ im Osten.

P.S. Am Sonntag, den 28. Mai bin ich mit dem Zug nach Wittenberg zum Abschlussgottesdienst gefahren. Vom Bahnhof aus ging der Weg zu Fuß über gesperrte Straßen – so konnte ich noch das Foto vom Ortseingangsschild „Lutherstadt Wittenberg“ machen und es Tommy schicken – zur Festwiese.

Dieser Abschluss war großartig, der mich zum Entschluss führte: in zwei Jahren fahre ich nach Dortmund zum Kirchentag! Kurzer Weg und eine Mitfahrerin hat sich schon angemeldet.

Auf dem Kirchentag habe ich jeden Tag einen neuen Menschen, mit intensiven Gesprächen auf Augenhöhe kennengelernt und wieder gehen lassen. Am Sonntag hat Tinoman mit mir seine Decke geteilt. Er hat mich mit Wasser versorgt – wir haben uns für Dortmund verabredet.

Also kann ich sagen, dass ich in meinem Urlaub jeden Tag neues über mich und andere gelernt habe. Allerdings ist es an jedem Tag unseres Lebens so – bin ich offen = lerne ich täglich. Neue Türen gehen auf, wenn ich mich traue den ersten Schritt zu gehen. Gottes Liebe – Glauben – ist wie beim Schwimmen lernen: Ich vertraue darauf, dass das Wasser mich trägt. Mein Weg zum Radweg, Lückenschluss, ist aus Nächstenliebe entstanden. Mit Gottes Hilfe habe ich Mitstreiter gefunden, der Verein wurde im März 2016 gegründet, die Gemeinnützigkeit wurde uns zugesprochen, ich bin in neuen unvertrauten Gruppen unterwegs, bin offen für andere, lerne, bin ich – hilfsbereit etc., gebe Erfahrungen weiter. Das Amt für Verkehr wollte uns eigentlich nicht helfen. Und jetzt gibt es diesen Beschluss, dass die  Entwurfsplanung finanziert wird. Die Vermessungen hatte die Stadt Bielefeld schon erledigt. Wir sind gemeinsam auf dem Weg und ich weiß: der Radweg kommt.

Amen.